CF: Oak Town, Garasus Wohnung
Irgendwo zwischen Magnolia Town und Clover liegt das Web Valley, ein verschlungenes Netzwerk aus Schluchten, das vor langer Zeit von einem Erdbeben in die Felsen gehauen wurde. Auf den verwinkelten Pfaden, die durch dieses Labyrinth führten, gingen schon so manche Wanderer und Karavanen verloren. Mit seinen engen Wegen und undurchsichtigen Windungen, die sich ideal für Hinterhälte eigneten, war es der perfekte Ort, um eine Eskorte mit militärisch hochwichtigem Lacrima hindurchzuführen.
Für alle, die es nicht begriffen haben: Das war Sarkasmus.
Gibt es eigentlich IRGENDjemanden im Konzil, der auch mal nachdenkt?Nur ab und zu? Garasu schüttelte nur den Kopf, während er weiter durch die Schluchten wanderte. Nebn ihm fuhr ein von einem Esel gezogener Wagen, der von einem vermummten Typen mit Poncho und Hut gefahren wurde und mit einer Plane abgedeckt war. "Ziemlich popeliger Transport für so wichtige Ware.", bemerkte Garasu mit Blick auf den ziemlich mitgenommenen Karren. Der Ponchoträger zuckte nur mit den Schultern.
"Ist unauffälliger", meinte er durch seinen buschigen schwarz-grauen Bart. "Außerdem sind die dunklen Gilden durch die Niederlage von Oracion Seis geschwächt. Das Konzil will das ausnutzen und das Lacrima so schnell wie möglich nach Clover schaffen."
Garasu hatte die Lading nicht gesehen, doch sah der ohnehin schon kleine Wagen nicht gerade überlastet aus. "Viel ist das ja nicht."
Erneut zuckte der Fahrer mit den Schultern. "Solches Lacrima ist halt schwer zu bekommen."
Bevor Garasu etwas auf diese sehr nach Ausflucht klingende Aussage erwidern konnte hörte er ein Geräusch. Seinen Blick gerade nach vorne gewandt sah einem Haufen verdächtig aufgetürmter Felsen, der die halbe Straße blockierte. Von hinter den Haufen konnte er leises Gemurmel und Geflüster hören. "Scheint, als wäre es Zeit mir meine Belohnung zu verdienen", meinte Garasu trocken, während der Wagen neben ihm zum Stehen kam. Das Gemurmel hinter den Felsen kam abrupt zum Schweigen. "Hey, ich hab euch gerade entdeckt!", rief er. "Jetzt leise zu sein macht keinen Sinn!"
Keine Reaktion.
"Ihr habt es so gewollt." Garasu legte seine Hände zusammen. Kurz darauf leuchtete sein magisches Siegel auf. "Zumindest kann ich so gleich meinen neuen Zauber ausprobieren." Mit leichtem Schwung streckte Garasu seine Hand in Richtung Boden aus. Ein lautes Geschrei brach auf einmal hinter den Felsen aus, als zwei Magier plötzlich von zwei aus dem Boden schießenden, mehrere Meter hohen Glasspeeren in die Luft geschleudert wurden. „Gläserne Speersäule!“
Leicht aufgeschreckt kamen nun drei weitere Magier aus ihrem Versteck hervor. „Verdammt! Ich sagte doch, es fällt auf wenn wir die Felsen am Wegesrand stapeln!“, rief einer von ihnen. Es war eine Gruppe recht verschiedener Magier, doch sie alle hatten ein Auge auf die Stirn tätowiert. „Egal, sie sind nur zu zweit. Zeigen wir ihnen die Stärke der dunklen Gilde Third Eye!“
Während ihre Kollegen unsanft wieder auf dem Boden aufschlugen schleuderten sie bereits ihre Zauber, drei einfache Geschosse aus Erde, Wind und Eis.
Erneut warf Garasu seine Hände Richtung Boden, woraufhin ein Fächer aus Glasspeeren erschien. „Gläserner Speerwall!“ Die Projektile schlugen einige Risse in seinen Schild, wurden aber abgewehrt. Auf sein Kommando hin zerbrach der Glaswall, und die Splitter flogen direkt in seine Hände. „Gläserne Harpune!“ Garasu schleuderte eine große, hohle Lanze aus Glas in Richtung der Magier. Beim Einschlag zersprang sie in Tausende von Stücken, welche dir drei Magier in einen Mantel aus Glassplittern hüllte. Man konnte sie kurz schreien hören, dann fielen sie auch schon besiegt zu Boden.
Zumindest zwei, der dritte stand noch, wenn auch stark lädiert.
„Gib auf“, meinte Garasu. „Ihr seid besiegt. Nimm deine Freunde und verschwinde.“
Ein hämisches Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Magiers aus. „Freu dich nicht zu früh, Gildenmagie-!“
„Wenn du auf deinen Freund hoffst, der sich von meinen Speerangriff erholt und hinter mich geschlichen hat...“ Noch bevor der Magier hinter ihm reagieren konnte hatte Garasu seine Hände gegen Boden geschickt. Unter den Füßen des Angreifers leuchtete kurz ein Siegel auf, bevor eine Speersäule herausschoss und ihn in die Luft schleuderte.
„NICHT SCHON WIEDEEEEEEER!“, rief er, bevor er erneut äußerst unsanft auf dem Boden landete.
„Gibst du jetzt auf?“, fragte Garasu den verdutzten, immer noch stehenden Magier. Zornig schüttelte sein Gegner die Faust.
„Ich bin noch nicht fertig!“, rief er. Ein braunes Siegel leuchtete um ihn herum auf. Plötzlich wurde der Boden unter ihm rissig und spröde. Gleichzeitig erhob sich ein Erdwall vor dem Magier, ähnlich Garasus Speerwall, jedoch deutlich dicker und stabiler. „HA! Was sagst du jetzt?“, grinste ihn der Magier an. „Ich habe die Erde verändert, so dass du mich unmöglich durch den Boden angreifen kannst! Und deine jämmerlichen Glasspeere können niemals diese Mauer durchdringen!!“
Garasu legte seine Hände zusammen. „Wenn es nicht von unten und nicht von vorne geht...“ Zunächst nahm ihn der Magier nicht voll und begann ebenfalls einen Zauber zu formen, als er plötzlich über sich ein leichtes Klirren hören konnte. Als er nach oben schaute sah wie vier Glasspeere mit axtartigen Spitzen nacheinander in der Luft erschienen.
„Du kannst Magie auch über mir anwenden?!“, rief er, seinen Zauber abbrechend. „Bist du ein S-Rang oder so was?!“
„S-Rang?“ Garasu lachte. „Jemand wie du könnte keine zwei Sekunden gegen einen echten S-Rang aushalten. Sayonara.“
„Nein, halt...“, schrie der Magier, das Gesicht vor Angst verzerrt.
„Zu spät: Gläserne Hellebarden!“ Der Magier kreischte wie ein kleines Mädchen, als die vier Speere gleichzeitig auf ihn niederstießen. In seinen furchtvoll geweiteten Augen sah ihr Spiegelbild, wie es in hohen Tempo auf den Mann zuschoss, nur noch Sekundenbruchteile von ihm entfernt...
Um ihn dann zu verfehlen.
„Los, schwirr ab“, riet ihm Garasu, während sich seine Speere auflösten. Nachdem sich sein Gegner aus seiner Angststarre befreit hatte war er auch schon hinter der nächsten Biegung verschwunden.
„Himmel, was waren das für welche?“, murmelte Garasu. „Man könnte meinen, die dunklen Gilden würden sich etwas mehr bemühen, dieses hochwichtige Lacrima an sich zu reißen.“
Schweigend setzte der Fahrer seinen Wagen wieder in Bewegung.
Die beiden – drei, wenn man den Esel dazu – setzten ihren Weg fort, vorbei an den geschlagenen Magiern und weiter durch das Netzwerk aus Schluchten. Die ganze Zeit erwartete Garasu weitere Angriffe. Lange Zeit jedoch wanderten sie, ohne dass irgendetwas passierte. „Sieht so aus als wäre das härteste hinter uns, was Opa?“
„Nenn mich nicht Opa“, brummte der alte Mann. „Und wir haben erst knapp die Hälfte der Strecke hinter uns.“
„Ach komm, was soll denn schon groß passieren?“
„Du wusstest, dass die besonders schlimmen Sachen immer passieren nachdem jemand so etwas sagt?“
„Ja, ich weiß. Mir ist langweilig, und ich will ein bisschen Action.“
„Sollst du haben.“
Abrupt kamen Garasu und der Wagen zum Stehen. „Klappt ja richtig gut“, meinte der Glasmagier, während er sich nach dem Ursprung der unbekannten Stimme umsah. „Kommst du freiwillig raus oder muss ich dich erst rausscheuchen?“
Das Echos von Garasus Stimme hallte durch die Schlucht. Kurz darauf konnte man ein leises Lachen vernehmen. „Oh, ich bin näher als du denkst.“
„Ach, und wo genau?“
„Dreh dich doch einfach mal um.“
Bevor Garasu das tun konnte spürte er plötzlich eine Art Druckwelle in seinem Rücken. Von dem Angriff überwältig wurde Gara nach vorne geschleudert, fast gegen die Wand der Schlucht. Recht unsanft rollte er über den Boden, bis er schließlich zum Stehen kam. Als er sich umblickte konnte er jedoch niemanden erkennen. „Was ist das für ein Trick?“, rief er, während er nach seinem Angreifer suchte. Plötzlich sah er an der Stelle, wo er eben stand, eine Art Wabbern, als würde die Luft vibrieren. „Was ist das für ein Trick?“
„Luftmagie“, erklärte die Stimme, die immer noch keinen Körper zu haben schien. „Die Magie, die vom mächtigsten der Elemental 4 genutzt wurde. Selbstverständlich sind meine Fähigkeiten nicht annähernd auf seinem Niveau, doch für einen drittklassigen Magier wie dich sollte es reichen.“
Langsam kam Garasu wieder auf die Beine. „Drittklassig, hm? Generell widerspreche ich dir da nicht, allerdings solltest du ein bisschen vorsichtiger sein, was du sagst. Auf solch überhebliches Gelaber folgt gewöhnlich eine verheerende Niederlage.“
„Da will ich dir auch nicht widersprechen: Es wird eine verheerende Niederlage geben.“ Auch wenn er es kaum sehen konnte, erkannte Gara eine Art wabernde Luftmasse, die sich auf ihn zu bewegte. Schnell wich er zur Seite aus, während er gleichzeitig einen Reihe Glasspeere in die Richtung schleuderte. Doch leider trafen sie nichts. „Siehst du?“, meinte sein unsichtbarer Gegner. „Du weißt noch nicht einmal, wo ich bin! Meine Unsichtbarkeit macht mich zwar nicht unverwundbar wie mein Vorbild Aria, aber dafür kann ich in dieser Form Zauber benutzen! Und so wie ich das sehe pfeifst du bereits nach einem Angriff von mir aus dem letzten Loch!“
Tatsächlich keuchte Garasu bereits, und sein Rücken schmerzte noch von dem Luftstoß, der ihn weggeschleudert hatte. Verdammt, was mach ich jetzt? Ich habe keine hohe Ausdauer. Noch so ein Treffer und ich bin erledigt. Ganz ruhig: Ich kann leicht herausfinden wo er ist, wenn ich die Bahn seiner Angriffe zurückverfolge... Außer er- !
Blitzschnell duckte sich Garasu und entging gerade so einem Luftstoß von hinten. „Oh, ziemlich clever“, lobte ihn sein Gegner. „Du hast vorausgesehen, dass ich mich wieder hinter dich schleiche. Schade nur für deinen Freund...“
Garasu, der gerade einen Zauber hinter sich schleudern wollte, blickte schnell zum Wagen. Das Luftgeschoss flog jetzt direkt darauf zu. „Weg da, alter Mann!“
Mit einer Geschwindigkeit, die er von ihm nicht erwartet hätte, sprang der Mann vom Wagen. Die Druckwelle schlug im Karren ein und zerriss die Plane in Fetzen. Schockiert sah Garasu zu wie die zerstörte Ladung durch die Luft flog, und sich in einem weiten Kreis um den Karren verteilte.
Allerdings waren es keine Lacrimasplitter, sondern kaputte Wassermelonen.
„Was soll das jetzt schon wieder!?“ rief er, während neben ihm ein großes rotes Stück Fruchtfleisch einschlug.
„Scheint, als wäre es aufgeflogen.“ Der Fahrer, dessen Hut bei der Explosion weggeflogen war, richtete sich auf. „Das hier war nicht die echte Ladung Lacrima.“
„WAS?!“
„Es war nur eine Ablenkung, um die dunklen Gilden abzulenken. Eigentlich bin ich ein fahrender Wassermelonenhändler. Das Konzil bat mich so zu tun, als würde ich eine Ladung Kriegslacrima nach Magnolia Town fahren, um den echten Transport zu decken – gegen ein zünftiges Entgeld, versteht sich. Der Eskort-Auftrag wurde nur an die Magiergilden geschickt, um die dunklen Gilden auf diese falsche Fährte zu locken. Das echte Lacrima wird gerade bequem mit dem Zug nach Magnolia Town gebracht.“
Bevor Garasu sich aufregen konnte erschien einige Meter vor ihm wie aus dem Nichts ein hagerer, äußerst bleicher mit grünen Klamotten und Zylinder. „Was soll das heißen, das hier ist nicht der echte Transport?!“, schrie er den Fahrer entgeistert an. „Ich bin mit fünf Männer meiner Gilde hierher gekommen, um endlich den Ruhm und die Anerkennung zu erlangen, die mir rechtmäßig zu stehen!! Das MUSS der echte Transport sein!“
Der alte Mann bohrte in seinem Ohr herum. „Ist er aber nicht. Und wie es scheint, waren die meisten dunklen Gilden auch clever genug das zu durchschauen und haben gar nicht erst versucht, einen Hinterhalt zu legen.“
Jetzt drehten dem Kerl endgültig die Sicherungen durch. „DAS WIRT DU BÜ- “
„Hey, Kobold.“ Der Mann mit dem grünen Zylinder drehte sich um. In Garasus Händen glühte ein Zauber auf. „Wenn du eine Ladung magischer Kristalle haben willst, bitteschön: GLÄSERNES SPEERFEUER!“
Aus seinen Händen kam ein Strom Dutzender Speerspitzen geschossen, die alle auf seinen Gegner zuflogen. Ein kurzer Schrei hallte durch das Web Valley, bevor es wieder still wurde. Hinter dem Magier war die Wand der Schlucht voller Speerspitzen, die nur ein Loch übrig ließen, dass seine Form hatte. Von Kopf bis Fuß voller Speerspitzen brach der Magier stumm zusammen.
„Wie gesagt, ich widerspreche dir nicht, dass ich ein drittklassiger Magier bin“, sagte Garasu, als er an ihm vorbeiging. „Aber ein Magier, der seine Deckung einfach vernachlässigt und sich nur
für seinen eigenen Ruhm interessiert ist noch nicht einmal drittklassig.“
Als Garasu auch am Karren vorbeiging, auf den sich inzwischen der alte Mann wieder gesetzt hatte, rief dieser ihm zu: „Hey, wo willst du hin?“
„Zurück nach Oak Town“, antwortete Garasu. „So wie ich das sehe werde ich nicht gebraucht.“
„Das sehe ich aber anders!“, meinte der Melonenhändler. „Du wurdest schließlich dafür bezahlt, mich sicher nach Clover zu bringen!“
„Ich wurde bezahlt, eine Ladung Lacrima nach Clover zu bringen, nicht einen alten Melonenhändler. Überhaupt, wieso sollte ich dich noch begleiten?“ Er zeigte auf die halbzerstörten Wassermelonen, die noch in seinem Karren lagen. „Selbst wenn hier noch dunkle Gilden lauern sollten müssten die sofort erkennen, dass du kein Lacrima transportierst. Warum soll ich also noch bis nach Clover mit dir reisen?“
Der Mann zuckte mit den Schultern. „Zu zweit reist es sich schöner.“
Da konnte Garasu nicht widersprechen, also brachen sie zusammen Richtung Clover auf.
TBC: ???